Sonderwünsche sind der neue Standard

29.04.24 | Branchen-News

Das Klimajournal berichtet exklusiv über Felderer, Lindab und Raab. Praxiseinblicke zum Vorgehen einer Unternehmensgruppe

Warum ist „Standardisierung“ ein Begriff, der gerne mit hohem bürokratischem Aufwand, Mangel an Flexibilität und Verlust von Individualität assoziiert wird? Zu Unrecht steckt die Standardisierung in einer Schublade, die ihr nicht gerecht wird. Wenn man das Ganze richtig macht und Sonderwünsche zum neuen Standard werden, ist der Weg für die moderne Fertigung geebnet, wie die Unternehmen Lindab, Felderer und Raab gemeinsam zeigen.

Den Lüftungsunternehmen gelingt es, individuelle Wünsche zu standardisieren und gleichzeitig ein zukunftsfähiges Umfeld zu schaffen. Lösungen von der Stange? Nein danke. Denn individuelle Bedürfnisse müssen mit maximaler Flexibilität und höchster Qualität zum Top-Preis erfüllt werden. Und das am besten zum Sonderliefertermin. So will es der Kunde im 21. Jahrhundert. Gleichzeitig kommen Unternehmen am Standardisieren von Prozessen und Produktionen nicht vorbei, wenn beispielsweise Planbarkeit und Verfügbarkeit sichergestellt werden sollen. Wie lässt sich das also in der Praxis miteinander verbinden?

Als europäischer Marktführer für Luftleitsysteme bietet die Lindab Group Lösungen für energieeffiziente Lüftung und ein gesundes Raumklima. 2022 erweiterte sie ihr Portfolio in Deutschland mit der Akquisition des Produktions- und Handelsunternehmens Felderer sowie des Herstellers von eckigen Luftkanälen, der Firma Raab Lüftungstechnik. Wegen seiner Rolle in Europa kann Lindab einen ausreichend großen Markt bedienen und erreicht nun Stückzahlen für vormals individuellere Produkte, die industriell, kosteneffizient und in immer gleicher Qualität produziert werden können.

Qualität garantiert: Eurovent-Zertifizierung

Aus individuellen Produkten werden also Standardprodukte. Ein Beispiel dafür ist das Formteilsortiment, das in ganz Europa im Einsatz und in dieser Vielfalt und Tiefe in keinem Standardsortiment anderer Hersteller enthalten ist. Lindab kann unter anderem kurze und lange Bauteile des gleichen Formteils in ganz verschiedenen Werkstoffen fertigen, Formteile mit integrierter Mess- oder Reinigungsöffnung produzieren und unterschiedliche Varianten von Drosseleinrichtungen zur Verfügung stellen – ohne Schwankungen in der Qualität und Ausführung und mit einer Eurovent-Zertifizierung: Die europäische Industrievereinigung mit Fokus auf Raumlufttechnik spielt eine wichtige Rolle beim Entwickeln von Standards und Normen für die Luft- und Klimatechnik und arbeitet eng mit nationalen und internationalen Normungsorganisationen zusammen. So wird sichergestellt, dass die Produkte und Systeme den erforderlichen Qualitäts- und Leistungsstandards entsprechen.

In Deutschland unterstützt außerdem das „Lindab Solution Center“ mit seiner technischen Kompetenz Planer:innen und Architekt:innen beim digitalen Planungsprozess und berät herstellerübergreifend auf Basis von standardisierten Produkten und Daten beim Entwickeln individueller Lösungen im Anlagebau. Jan Behrens, Leiter des Centers, sieht die Vorteile in der Standardisierung:

„Wenn uns eine Kundin oder ein Kunde zu einer Gebäudezeichnung und mit der Bitte kontaktiert, für dieses Gebäude bei der Lüftungsplanung zu beraten, halten wir uns an allgemeine Standards, über die wir die Luftmengen, Schallwerte, Rohrdimensionen, Filterklassen oder energetischen Vorgaben bestimmen und danach die Systeme dimensionieren. Ohne Standards würden auch heute noch Lüftungsanlagen hohe Energieverluste haben und Leckagen
aufweisen. Auf der anderen Seite können Standards aber auch hemmend sein. Wenn beispielsweise eine Norm eine gewisse Blechstärke vorgibt und wir neue Techniken verwenden, um mit geringeren Blechstärken sogar bessere Ergebnisse zu erzielen, sind sie nicht mehr normkonform. Darum arbeiten wir in Normausschüssen, um die Standards zu verbessern“

Produktinformationen richtig nutzen

Genau wie die Lindab Group setzt die Felderer GmbH – führender Anbieter von Komponenten für Gewerbelüftung, Wohnungslüftung, Facility Management, individuelle
Fertigungen und Logistik – auf das Standardisieren von spezifischen Wünschen und kann eine logistische Versorgung aller Regionen in Deutschland mit allen Bauteilen, die
der Markt benötigt, garantieren.

„Indem man individuelle Anforderungen standardisiert und mit den Produktinformationen arbeitet, ist es möglich, ein zukunftsfähiges Ökosystem rund um die Produkte zu schaffen“

sagt Klaus-Philipp Felderer, „Director Region Germany“ für Lindab.

Durch eine konstante Produktqualität werden auch stets dieselben Produktdaten gewährleistet, darunter Abmessungen, Geräuschpegel, Widerstand und Dichtheitsklasse.
Diese einheitlichen Daten bilden die Grundlage für das Erstellen digitaler Informationen. Das Nutzen dieser Produktinformationen vereinfacht wiederum zahlreiche Prozesse, darunter die Planung, Bestellung und Kalkulation. Außerdem liefern digitale Produktinformationen zu standardisierten Sonderwünschen Daten für Lagerhaltung und Logistik, was eine schnelle Verfügbarkeit seltener Produkte in ganz Europa möglich macht. Aus diesem Blickwinkel hat Standardisierung nichts mehr mit Massenfertigung und Verwaltungsapparat zu tun.

Luftkanäle in großer Bauteilvielfalt

Neben der Felderer GmbH profitiert auch die Raab Lüftungstechnik GmbH von der Übernahme durch die Lindab Group sowie einer hochautomatisierten Produktion. Raab
hat sich in den letzten Jahren als führendes Unternehmen für die automatisierte Fertigung von hochwertigen rechteckigen Lüftungskanälen in Süddeutschland etabliert und
geht jetzt den nächsten Schritt in die Zukunft. „Wir teilen die Überzeugung von Lindab, dass Investitionen in die Automatisierung, hohe Qualität und enge Beziehungen zu den Kunden wichtige Erfolgsfaktoren sind“, sagt Daniel Raab, Geschäftsführer der Raab Lüftungstechnik. Raab kann Luftkanäle in großer Bauteilvielfalt im Millimeterraster
fertigen und damit individuellen Kundenanforderungen gerecht werden. Außerdem förderte das Umstellen auf standardisierte Prozesse in der Verwaltung und die Adaption von etablierten Strukturen die Effizienz und Transparenz im Unternehmen. Kreativität und Individualität bleiben dabei nicht auf der Strecke. Im Gegenteil: Standardisieren
schafft neuen Raum für Innovation, indem grundlegende Prozesse vereinheitlicht und Ressourcen für kundenspezifische Lösungen freigesetzt werden.

Keinen Argwohn vor Standardisierung

Wir machen die Schublade also wieder auf, holen die Standardisierung heraus und räumen mit Befürchtungen auf, die durch die Erfahrung in der Praxis widerlegt werden können:

Vorurteil 1:
Standardisierung und Kreativität passen nicht zusammen Standardisierung kann ein Umfeld schaffen, in dem Experimentieren und Innovation gefördert werden. Wenn grundlegende Prozesse standardisiert sind, entsteht die Freiheit, kreative Ansätze auszuprobieren und neue Wege zu erkunden, ohne sich um grundlegende Aspekte kümmern zu müssen.

Vorurteil 2:
Standardisierung steht der Innovationskraft im Weg Mit standardisierten Verfahren wird sichergestellt, dass Produkte zuverlässig und hochwertig sind, was wiederum das
Vertrauen der Kunden stärkt. Keine Qualitätsprobleme und mehr Zeit für Zukunft: Statt Fehlerbehebung können Ressourcen in Innovationen gesteckt werden.

Vorurteil 3:
Standardisierung kostet Arbeitsplätze Standardisierung in der Fertigung kann tatsächlich Arbeitsplätze schaffen, indem sie die Effizienz steigert und neue Möglichkeiten für Wachstum und Expansion eröffnet. In diesem Sinne konzentrieren sich die drei Unternehmen gemeinsam auf hochwertige Produkte zur Belüftung und passen ihr Angebot dem jeweiligen lokalen Markt in Europa an.

Urheber/Quelle dieses Beitrags: Heizungs-Journal Verlags-GmbH